Rechenanlagen an der Universität Karlsruhe vor 1977

Nach /Kul 02/ und /Mic 77/ wurde das Rechenzentrum gegründet, als der Betrieb bereits beschaffter Anlagen das spätestens im SS 1966 dringend erforderte. Der Betrieb von Rechenmaschinen an der Universität Karlsruhe ist daher deutlich älter: bereits 1958 oder 1958/59 war am Institut für Angewandte Mathematik eine Z 22 der Fa. Zuse in Betrieb, seit 1962 auch ein ER 56 der Fa. SEL am Institut für Nachrichtenverarbeitung und Nachrichtenübertragung. Beide Institute darf man daher als eine Art "Urrechenzentren" der Universität ansehen. Natürlich blieb es nicht dabei. Der noch heute unverändert gültige Bedarf für ständig mehr Rechenkapazität führte auch damals schnell zu weiteren Nachfolgern, hier einer Z 23 bzw. dort einer CD 3300 der Fa. Control Data Corp., die aber ausschließlich Forschungsanwendungen diente und nicht allgemein zur Verfügung stand /INV 67/. Offenbar war 1962 an einem der Institute noch eine weitere Maschine in Betrieb, eine IBM 1620 /DAR 62/.

1966 wurde eine X 8 der Fa. Electrologica mit einem selbst entwickelten Zugangssystem Hydra in Betrieb genommen. Es war am Projekt MAC (multiple access computing) des MIT orientiert und erlaubte einen direkten Zugang zur Ein-/Ausgabe von 32 Fernschreibgeräten aus und existierte bis 1975, nachdem die Z 22 schon im Jahre 1972 abgeschaltet worden war. Im Rechenzentrum konnte ab Frühjahr 1971 eine Univac 1108 in Betrieb genommen werden, so daß eine als Zwischenlösung verwendete IBM-Maschine entbehrlich wurde. Daher erfolgte schon vor Gründung der Fakultät eine Übernahme dieser IBM /360-20 durch die Informatik, die dabei in eine /360-30 aufgerüstet wurde. Sie deckte den Bedarf der Informatik bis zur Inbetriebnahme der B 6700 im Sommer 1972.

Die Fakultät für Informatik verfügte seit ihrer Gründung 1972 über eine Anlage Burroughs B 6700 /JFI 72/, die 1977 in eine B 7700 umgewandelt und vom Rechenzentrum der Universität übernommen wurde. Hier hatte bereits 1971 eine Remington-Rand Univac 1108 die Rechenkapazität deutlich erweitert. Weitere Anlagen der Fakultät bzw. der Institute der Informatik seien hier nur aufgezählt:
 
  Prozeßrechner  Siemens 320 ab Ende 1972,  
    Digital Equipment Corp. PDP 11/20  
    Digital Equipment Corp. PDP 11/45  
    Siemens 330 ab 1974,  
  Experimentiersystem Burroughs B 1726 ab 1974,  
  Rechenanlage Siemens 7750 ab 1976  
  Aufrüstung zu  Siemens 7760 1977.   

Betrachtet man dagegen die Lage insgesamt, lassen sich für 1962 die folgenden Angaben festhalten: in Betrieb waren ca. 150 Digitalrechner von 4 deutschen Firmen (Siemens, SEL, Telefunken, Zuse), dazu 14 Anlagen ZRA 1 von VEB Carl Zeiss in der DDR. Hinzu kamen ca. 200 Anlagen von 9 ausländischen Herstellern, die in Deutschland in Betrieb waren, davon
 
  mehr als 100 IBM 1401,  mehr als 50 IBM 650,  ferner 36 Univac UCT. 

Diese Zahlen überraschen, wenn man sich bewußt macht, daß vor 1951 auf der ganzen Welt überhaupt keine digitale Rechenanlage kommerziell erhältlich war. Das rasche Wachstum war somit von Anfang an bis heute eines der charakteristischen Kennzeichen der Entwicklung der Rechentechnik.

Quellen:
 
/DAR 62/ Walther, A.,  Stand des elektronischen Rechnens und der elektronischen Datenverarbeitung in Deutschland, 2. Folge, Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Rechenanlagen (DARA), Darmstadt 1962
/INV 67/ -- Jahresbericht des Instituts für Nachrichtenverarbeitung und Nachrichtenübertragung, Universität Karlsruhe 1967
/JFI 72/ -- Jahresberichte der Fakultät für Informatik, Universität Karlsruhe, 1972, sowie weitere Jahre
/Kul 02/ Kulisch, U.,  Die Anfänge des Rechenzentrums und der Informatik an der Universität Karlsruhe, Fridericiana, Heft 59, 2002, S. 25-40
/Mic 77/ Mickel, K.-P., Festschrift zum 10jährigen Bestehen des Rechenzentrums der Universität Karlsruhe, Rechenzentrum der Universität Karlsruhe 1977

(Letzte Änderung: 23.1.06.)